Entscheidungswege und Entscheidungsfindung in der Forstwirtschaft: Eine ethnographische Analyse zur Entwicklung von digitalen Lösungswegen

Ein Forschungsprojekt der Universität Siegen

Ausgangslage

Durch den Klimawandel ist eine tiefgreifende Umwandlung der Wald- und Forstflächen erforderlich, wie es sie seit über hundert Jahren nicht mehr gegeben hat: Die Baumartenwahl muss ganzheitlich angepasst werden, damit zusammenhängend die Forstbewirtschaftung neu gedacht, die Holzernte und Logistikketten adaptiert sowie be- und verarbeitende Betriebe (z.B. Einschittstechnologien, Sortierung, Verleimung etc.) technisch umgestellt werden können. Daraus ergeben sich signifikante Änderungen im globalen Holzmarkt-. Neue Ansätze werden für die holzbasierte Bioökonomie, bspw, im Holzbau, bei Holzwerkstoffe und dem Holzaufschluss, benötigt. 

Gleichzeitig kommt es in Deutschland zu einem „Waldsterben 2.0“, insbesondere von Fichten-, zunehmend aber auch von anderen Waldarten wie Buchenwäldern. Neben den gravierenden ökologischen Folgen geht dies mit erheblichen Einbußen im Holzwirtschaftssektor einher. Bund und Länder entwickelten bereits diverse Strategien und Vorgaben zur Eindämmung dieser Problematik und zur Anpassung des Waldbaus an den Klimawandel, die an Förster und Waldbesitzer über verschiedene Wege herangetragen werden. Letztendlich gibt es jedoch eine Differenz zwischen diesen Vorgaben bzw. Strategien und deren Umsetzung in der forstwirtschaftlichen Praxis.

Letztere ist komplex und wird durch unterschiedliche Akteure bestimmt, deren Handlungen wiederum durch verschiedene Informationsquellen und Beweggründe beeinflusst werden: So bestehen bspw. unterschiedliche Verwertungsziele, Eigentums- bzw. Handlungsverhältnisse sowie Interessenslagen des Privatwalds (der hauptsächlich aber nicht ausschließlich der wirtschaftlichen Holzgewinnung, also einem monetären Primärinteresse, dient), des Walds in öffentlicher Hand (der auch Ziele wie Naturschutz und Tourismus fokussiert), sowie unterschiedliche Waldkulissen (Natura2000, Schutzwälder, Bannwälder etc.). Zusätzlich werden weitere Anreize für bestimmte Umsetzungsmaßnahmen entwickelt, wie z.B. Vertragsnaturschutz, Förderung für nachhaltige Waldbewirtschaftung oder Monetarisierung von Ökosystemdienstleistungen des Waldes. Darüber hinaus bestehen spezifische lokale Regularien und Gegebenheiten, wie zum Beispiel lokalpolitische Vorgaben (bspw. die Bedeutung eines Waldgebietes für Tourismus, bestimmte Besitzverhältnisse, etc.), spezifische natürliche Gegebenheiten oder sogar Neigungen und umweltpolitische Überzeugungen der Eigentümer und zuständigen Förster. Ausgehend von der Vielzahl an bestehenden Konzepten, lokalen Gegebenheiten und der inhärenten Planungsunsicherheit durch den Klimawandel möchten wir erforschen, wie genau der Wald in der Praxis an den Klimawandel angepasst wird.

Ziele des Vorhabens

Diese komplexen Mechaniken und die Frage, wie genau Konzepte zur Anpassung des Waldes an den Klimawandel in spezifischen Settings umgesetzt werden, sind aus wissenschaftlicher Sicht noch weitgehend unerforscht. Ausgehend von der oben beschriebenen Problemstellung möchten wir in mehreren ethnografischen Studien die konkrete, situierte Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen in verschiedenen Waldgebieten untersuchen. Diese Betrachtung verfolgt zwei konsekutive Ziele:

1) ein vertieftes Verständnis der Umsetzung klimaangepasster Waldbaukonzepte in der Praxis zu erlangen und bspw. Hürden bei der Umsetzung von Klimaanpassungsstrategien zu identifizieren.

2) Hierauf aufbauend werden sozio-technische Interventionsmöglichkeiten identifiziert, um die eigentliche Forstpraxis hinsichtlich klimapolitischen Anpassungszielen zu verbessern. Solche Maßnahmen zielen darauf z.B. Bildung und Wissen, Planung und Umsetzung, politische oder finanzielle Instrumente zu unterstützen.

Die Forschungsgruppe

Das Projekt wird durch Felix Carros und Max Krüger durchgeführt. Beide sind Mitglieder die Forschungsgruppe des Lehrstuhls von Prof. Dr. Wulf für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien (WiNeMe). Die Gruppe erforscht innovative IKT-Anwendungen insbesondere in den Praxisfeldern kooperative Arbeit, Community-Support, Entertainment, alternde Gesellschaft und Nachhaltigkeit. Dabei entstehen technologische Innovationen in den Forschungsfeldern Human-Computer Interaction, computerunterstützte Gruppenarbeit (CSCW), Ubiquitous Computing und Software. Die verschiedenen Forschungsaktivitäten werden durch gestaltungsmethodische Querschnittsfragen aufeinander bezogen. Diese betreffen softwaretechnische Grundlagen, Participatory Design, End User Development, Methoden integrierter Organisations- und Technikentwicklung und Grundlagen von Design Science.

 

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Kontakt

Wir sind immer auf der Suche nach Partnern aus Wald und Forst, die mit uns gemeinsam forschen wollen. Wenn Sie Interesse haben an dem Projekt teilzunehmen und in Workshops und Gesprächen Ihre Erfahrungen mit uns zu teilen, freuen wir uns von Ihnen zu lesen.

Das Vorhaben “Entscheidungswege und Entscheidungsfindung in der Forstwirtschaft: Eine ethnographische Analyse zur Entwicklung von digitalen Lösungswegen (FOREA)” wird vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) unter dem Förderkennzeichen 2221NR067X vom 01.10.2022 bis 31.03.2025 gefördert. Zuständiger Projektträger ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR).